Projekt SENSORITHM der Rhein-Main-Universitäten unter Leitung der Goethe-Universität in Konzeptionsphase des BMBF-Programms „Cluster4Future“ aufgenommen
Wie sich mit intelligenten Sensortechnologien an Windrädern Kollisionen mit Vögeln und Fledermäusen vermeiden lassen ist eines der beiden Forschungsziele des von der Goethe-Universität koordinierten Projekts SENSORITHM Rhein-Main. Außerdem wollen die Forscherinnen und Forscher selbstlernende Sensorsysteme zur Überwachung technischer Komponenten und Anlagen entwickeln. Eine Expertenjury wählte das Projekt jetzt im Ideenwettbewerb „Clusters4Future“ des Bundesforschungsministeriums für eine Förderung in der Konzeptionsphase aus – als eines von 15 Projekten aus insgesamt 117 eingereichten Wettbewerbsbeiträgen.
FRANKFURT. Wer
Windräder aufstellen will, gelangt leicht in ein Grün-Grün-Dilemma: Einerseits
soll die von Windrädern erzeugte erneuerbare Energie den Klimawandel aufhalten
und damit letztlich auch die Artenvielfalt sichern, andererseits gefährden die
Rotorblätter seltene Vogelarten wie den Roten Milan und verschiedene
Fledermausarten. An bestimmten Windradstandorten wird daher über längere Zeit
aufgezeichnet, wann typischerweise zum Beispiel Fledermäuse unterwegs sind. Zum
Schutz der gefährdeten Arten müssen dann die Windräder anschließend bei
bestimmten Temperatur- und Windbedingungen abgeschaltet werden. Andere
Standorte kommen derzeit wegen des Artenschutzes gar nicht erst für Windräder
infrage.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Projekts
SENSORITHM Rhein-Main wollen nun verschiedene, selbstlernende Sensorsysteme
entwickeln, die es einmal erlauben sollen, die Betriebszeiten von Windkrafträdern
so zu optimieren, dass Fledermausarten und bestimmte Vogelarten wie der Rote
Milan nicht gefährdet werden und dass sich zum Beispiel die Windräder
abschalten, wenn es eine erhöhte Flugaktivität gibt.
SENSORITHM-Projektkoordinator Dr. Jochen Moll von der
Goethe-Universität Frankfurt erklärt: „Wir wollen Sensoren und künstliche
Intelligenz dazu nutzen, um Windkraft besser mit Artenschutz vereinbar zu
machen. Neben den technischen Aspekten ist auch die Einbindung regionaler
Stakeholder aus der Energiewirtschaft und dem Umwelt- und Artenschutz sowie
Bürgerinnen und Bürger Teil des Projekts. Eine besondere Stärke von SENSORITHM
Rhein-Main liegt darin, dass wir hier die Expertise aus Physik, Biologie,
Informatik, Maschinenbau und Sozialwissenschaften verbinden.“
Die zweite Säule von SENSORITHM bildet die Entwicklung innovativer
Sensortechnologien und Algorithmen zur technischen Überwachung von Windrädern
und anderen industriellen Anlagen. Auch beispielsweise die Flugtauglichkeit von
Flugzeugen oder die Stabilität von Brücken können so sichergestellt werden. Dr.
Moll: „Mit unserem methodischen Ansatz wollen wir die Betriebssicherheit
insbesondere bei Leichtbaustrukturen erhöhen. In der Zukunft sind auch andere
Anwendungen vorstellbar, etwa in der Medizintechnik, in der sich selbstlernende
Sensorsysteme einsetzen lassen.“
Das Projekt SENSORITHM Rhein-Main wird von der Goethe-Universität
Frankfurt koordiniert, weitere Antragsteller sind die Technische Universität
Darmstadt und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Rahmen des Verbunds
der Rhein-Main-Universitäten, das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit
und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt und das Institut für Tierökologie
und Naturbildung in Laubach. Zudem wird SENSORITHM Rhein-Main Netzwerke wie das
Hessische Zentrum für Künstliche Intelligenz, (hessian.ai), regionale
Industriekooperationen sowie regionale NGOs, Landesbehörden und Schulen der
Region in ein Innovationsnetzwerk zusammenführen. In Reallaboren wie zum
Beispiel dem Windenergietestfeld des Windforschungsclusters Süd, an Baukränen,
Drohnenflotten oder Brücken sollen die Sensorsysteme erprobt und validiert
werden. Dabei wird SENSORITHM Rhein-Main unter anderem Bürgerinnen und Bürger
als „Citizen Scientists“ einbinden.
Die zweite Runde des „Clusters4Future“-Wettbewerb des
Bundesforschungsministeriums (BMBF) startete im November 2020 als Teil der
Hightech-Strategie 2025 der Bundesregierung. Mit „Clusters4Future“ soll in
regionalen Spitzenstandorten der Wissens- und Technologietransfer gefördert
werden. Zunächst wird SENSORITHM Rhein-Main ein Konzept mit Unterstützung des
BMBF ausarbeiten, um von der Wettbewerbsskizze zu einem Umsetzungsszenario zu
gelangen. Etwa die Hälfte der eingereichten Konzepte sollen dann ab Sommer 2022
zunächst für die Dauer von drei Jahren mit jährlich 5 Millionen Euro gefördert
werden.
Weitere Informationen:
Dr.-Ing.
Jochen Moll
Projektkoordinator
SENSORITHM Rhein-Main
Physikalisches Institut
Goethe-Universität
Frankfurt
Tel.
069 798-47208
moll@physik.uni-frankfurt.de
www.jochenmoll.de
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de